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Historie des Planerladen e.V.

Die Wurzeln des Planerladen e.V. liegen in der damaligen Abteilung Raumplanung der Universität Dortmund. „Forschung und Wissenstransfer“ und insbesondere der intensive Austausch mit Fachleuten aus Wissenschaft, Forschung und Praxis bildeten gewissermaßen den Nährboden für seine Entstehung. Neben den fachlichen Impulsgebungen aus Vorlesungen und Seminaren bildete dabei der explorativ-experimentelle Charakter des Projektstudiums den geeigneten studienorganisatorischen Rahmen für selbst organisierte Lernprozesse.  Mehr zum Projektstudium der Fakultät Raumplanung finden Sie -> hier.

Modell-Aktion

Auch die autonomen Aufbruchprozesse, die sich durch die damaligen städtischen sozialen Bewegungen (v.a. Alternativ-, Hausbesetzer-, Umweltbewegung) ergeben hatten, trugen letztlich dazu bei, dass eine Gruppe von Studierenden der Raumplanung schließlich auf den Weg machte, am  Beispiel des Reallabors Dortmund Nordstadt innovative Ansätze zur Beteiligung und zum Empowerment von Bewohner/innen bei der Verbesserung der Wohn- und Lebensbedingungen zu entwickeln und auch praktisch zu erproben.

Erste Vortragstätigkeiten und Veröffentlichungen zielten darauf ab, den Erfahrungstransfer mit Fachleuten insbesondere auch aus benachbarten Handlungsfeldern (z.B. der Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit) voranzutreiben und zugleich die eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse systematischer zu reflektieren. Schon in den ersten Jahren gehörte dazu auch die externe fachliche Beratung und Begleitung  studentischer Projekte an der Abteilung Raumplanung.

Im Bereich der anwendungsbezogenen Forschung kam es Mitte der 80er Jahre zu einer produktiven Zusammenarbeit mit dem Dortmunder Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung – ILS. Im Anschluss an eine Untersuchung über Projekte der „Mieterselbsthilfe bei der Innenhofbegrünung“ rückten hier „Ansätze ortsnaher Beratungs- und Kommunikationsstellen im Kontext bewohnerorientierter Stadterneuerung“ und damit im Kern auch die Arbeit des Planerladen e.V. selbst in den Fokus der Betrachtung  (vgl. Staubach/Kerchner 1986; Schnepf-Orth/Staubach 1989).

Zu einem wichtigen Forschungspartner avancierte dann die „Arbeitsgruppe Bestandsverbesserung“ (Prof. Dr. Klaus Selle u.a., damals Dortmund/Hannover), über die eine Einbindung in international vergleichende Stadtforschungsprojekte erfolgte. Bei dem von der VW-Stiftung finanzierten Projekt zum „Beitrag intermediärer Organisationen zu Stadterneuerung und Selbsthilfe“ wurden von Mitarbeiter/innen des Planerladen e.V. Transfererfahrungen aus den Niederlanden, der Schweiz und den USA vergleichend erforscht. Auch die Aktivitäten und Arbeitsansätze des Planerladen e.V. wurden erneut zum Forschungsgegenstand (vgl. Selle 1991). Mit den Folgeprojekten „Lokale Partnerschaften zur Erneuerung benachteiligter Stadtteile“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und „Community Regeneration“ der Anglo-German-Foundation/Joseph-Rowntree Foundation war der Planerladen e.V. durch den dabei praktizierten intensiven Konsultationsprozess mit dem Land NRW sogar in die Anstrengungen zur Entwicklung neuer integrierter Förderinstrumente in der Stadtteil- und Quartiersentwicklung („Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“!) direkt eingebunden (vgl. Froessler u.a. 1994, Thake/Staubach 1993).

Als Träger eines Antidiskriminierungsprojektes im Wohnbereich, das zunächst als Pilot-Projekt und später dauerhaft in Regelförderung seitens des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert wird, konnte der Planerladen e.V. nicht nur einen wichtigen Beitrag zur anwendungsbezogenen Forschung in diesem Handlungsfeld leisten, sondern auch systematisch Wissenstransfer betreiben. Im Rahmen eines qualitativen empirischen Untersuchungsansatzes erfolgten in einem ersten Schritt zunächst leitfadengestützte Interviews mit relevanten Akteuren des Wohnungsmarktes (Wohnungswirtschaft, Verwaltung, Politik) und mit Bewohner/innen ausgewählter Siedlungen in der Dortmunder Nordstadt. Anschließend wurden die Ergebnisse in Nachbarschaftsforen als geeignete lokale Dialogformate zurückgespiegelt und erörtert. Der Wissenstransfer wurde zudem über Fachartikel, Vorträge und selbst organisierte Workshops in fachliche Diskurse auf den verschiedensten Ebenen (Kommune, Land, Bund, EU) eingespeist.

In einem zweiten empirischen Untersuchungsschritt folgte eine (teil-)standardisierte Befragung der im vdw Rheinland/Westfalen organisierten (ca. 500) Wohnungsgesellschaften zum Stand der interkulturellen Öffnung gegenüber Migrant/innen als Mieter sowie ein qualitatives Follow-up in Form von nachfassenden Telefoninterviews bei ausgewählten Unternehmen. Nach eingehender Literatur- und Materialrecherche zu den Erfahrungen mit Antidiskriminierungsmaßnahmen in den USA im Zusammenhang mit dem „Fair Housing Act“ (1968) zur Bekämpfung der weit verbreitenden Diskriminierungspraktiken beim Zugang von Minoritäten zu Wohnraum entschloss sich der Planerladen e.V., die Methode des „Paired-ethnic Testing“ auch hierzulande publik zu machen und selbst experimentell zu erproben. Dazu wurden zwischen 2006 und 2007 aus Projektmitteln selbst ein Online-Testing in Ruhrgebietsstädten und zwischen 2007 und 2008 ein Telefon-Testing in ausgewählten nordrhein-westfälischen Großstädten durchgeführt. Die Ergebnisse wurden über die Dokumentationen, eigene Workshops, Fachartikel und Vorträge auf den verschiedensten Ebenen in fachliche Diskurse eingebracht aber auch in lokale Handlungskontexte (z.B. kommunale Masterpläne zur Integration) kommuniziert. Auf diese Weise entwickelten die beiden Pilot-Studien eine erkennbare Initialwirkung im Hinblick auf spätere universitäre Arbeiten (Diplom-/Masterarbeiten, Dissertationen) oder Forschungsvorhaben an Universitäten und Fachhochschulen wie auch auf Länder- oder Bundesebene.

Im Jahr 2008 erhielt der Planerladen e.V. vom vhw (Verband für Wohnen und Stadtentwicklung; ehemals Volksheimstättenwerk) den Auftrag für die Erstellung einer Studie über die „Topografie des Engagements in der Dortmunder Nordstadt“. In einem Diskussionsprozess mit kommunalen und intermediären Praktiker/inne/n und Wissenschaftler/inne/n diente die Dortmunder Fallstudie als eines von drei Referenzbeispielen. Letztlich ging es um die Identifizierung und Herausarbeitung von Hürden und förderlichen Bedingungen für das Engagement von Menschen in einem benachteiligten Stadtteil, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Erkundung der Engagementpotenziale auch der verschiedenen Migrantengruppen gelegt wurde. Der Ergebnisbericht dokumentiert nicht zuletzt die Vielfalt der institutionellen Engagement-Gelegenheiten und des andockenden organisierten Engagements in der Nordstadt. Aufmerksam gemacht wird insbesondere auf spezifische Formen gegenseitiger Hilfe in Migranten-Communities, die oftmals mit der Bewältigung der Folgen der Einwanderungssituation zu tun haben und deshalb von der Aufnahmegesellschaft häufig gar nicht erst als bürgerschaftliches Engagement wahrgenommen und anerkannt werden (vgl. Staubach u.a. 2008).

Projektbesuch

Mit der inhaltlichen Ausdifferenzierung der Arbeit des Planerladen e.V. ging über die Jahre ein immer breiteres Interesse aus Wissenschaft und Forschung einher. Hochschullehrer/innen aus Raumplanung, Stadtplanung, Architektur-/Landschaftsarchitektur, Geographie, Sozialwissenschaften, Sozialarbeit- und Sozialpädagogik u.a. laden Mitarbeiter/innen des Planerladen e.V. zu Fachvorträgen ein oder möchten gerne mit ihren Studierenden fachkundig begleitete Begehungen durchführen. Auch Wissenschaftler/innen von Universitäten oder Forschungsinstituten aus dem In- und Ausland sehen im Planerladen e.V., seinen Einrichtungen und Projekten sowie seinem sozialräumlichen Umfeld einen für sie interessanten Untersuchungsgegenstand für empirisch angelegte Forschungsvorhaben. Auch werden mitunter Begleitforschungen bzw. Projektevaluationen durchgeführt, teilweise im Zusammenhang mit Förderprogramm bedingten Vorgaben. Der gegenseitige Transfer von Lernerfahrungen wird aber auch dadurch vorangetrieben, dass andere Projektträger den bilateralen Erfahrungsaustausch suchen bzw. dies vom jeweiligen Fördergeber unterstützt oder gar eingefordert wird.

Nahezu regelmäßig gehen Interviewanfragen von Studierenden aus Planungs- oder Sozialberufen oder auch von Schüler/innen aus der Sekundarstufe von Dortmunder Schulen ein. Ähnliches gilt für Praktikumsanfragen, Praxiszeiten oder Anerkennungsjahre, die Studierende im Planerladen e.V. ableisten möchten. Im Falle des „Dualen Studiums“ für Studierende der Sozialen Arbeit mit Schwerpunkt „Armut und (Flüchtlings-)Migration“ an der Fachhochschule ist der Planerladen e.V. sogar offizielle Praxisstelle für Studierende begleitend zum Studium.